Wer sich in Berlin nach dem Meer sehnt, ist an Orten wie dem Strandbad Weißensee gut aufgehoben. Nach einem schwierigen letzten Jahr startet der Betreiber nun voll durch.

Der Sommer ist in Berlin angekommen, und es heißt: Jede Sonnenstunde genießen! Und an wenigen Orten in Deutschland bieten so sich so viele Gelegenheiten dazu, denn Berlin ist die Hauptstadt der Seen.

Also, die Badehose und das Seepferdchen einpacken und nichts wie hinein ins kühle Nass, wenn in Berlin die Temperaturen die 30-Grad-Grenze knacken. Viele sagen, das Tolle an Berlin seien nicht die vielen weltbekannten Clubs wie das Berghain, sondern die vielen Seen in und um Berlin.

 

Kleine Stadtoase

Wer keine Lust auf Hipster im „Badeschiff“ hat und wem dem der Wannsee zu weit weg liegt, kann die M12 nehmen, die ihn von der Raumer-Straße in unschlagbaren 15 Minuten an den Weißensee bringt.

Der Weißensee ist eine tolle Option, wenn man nach Feierabend noch ins kühle Nass springen möchte.

Wer ins Strandbad möchte, durchwandert erst den Park, der idyllisch um den kreisförmigen See angelegt ist. Schnell fühlt man sich beim Anblick der Wasserfontäne im See wie in einer Oase.

Das Bad steht unter Denkmalschutz, der Eingangsbereich besteht aus den ehemaligen Umkleidekabinen.

Badegäste können sich diesen Sommer an über drei Bars, zwei Kaffeeausgaben und einer mobilen Bar erfreuen. An manchen Abenden erklingen hier Jazz-, Salsa oder Tango-Klänge, und am Strand wird Yoga angeboten.

Zur Fußballweltmeisterschaft werden hier hunderte Besucher der Nationalelf zujubeln. Viele freuen sich zudem auf das „By the Lake Festival“, das ab dem 4. August experimentelle Klänge über den See schicken wird.

 

Mit blauem Auge davon gekommen

Was treuen Gästen des Strandbades in diesen Tagen auffällt: Die Schank- und Klo-Wagen sind verschwunden. Im letzten Sommer mussten sie aufgestellt werden, damit das Strandbad Weissensee seine Badesaison mit einer Sondergenehmigung retten konnte.

Zur Erinnerung: Anfang April 2017 wurden Küche, Besucher-WC und Duschen von einer übel riechenden Brühe geflutet. Das Rätselraten war groß. Der Sommer-Badespaß im Weißen See drohte ins Wasser zu fallen. Die Ursache der Havarie war eine Baustelle, auf der Luxuswohnungen mit Seeblick entstehen sollten. Dort wurde bei Baggerarbeiten das Abwassersystem des Strandbades zerstört.

Heute ist die kaputte Anlage repariert. Nichts erinnert mehr an die dramatischen Tage vom April 2017. Was aber für den Betreiber bleibt, ist der finanzielle Schaden. Erstaunlicherweise bleibt es beim Eintrittspreis von 5,50 Euro.

Keinen Einfluss hat Betreiber Alexander Schüller auf den sinkenden Wasserspiegel des Sees, für den Fachleute den Klimawandel verantwortlich machen.

 

Ein magisches Weiß

Das Strandbad Weißensee hat eine bewegte Geschichte. Bereits 1912 wurde es am See eröffnet. Sein Markenzeichen ist die Fontäne, die trotz nicht ungefährlicher Strömung von Schwimmern stets angepeilt wird.

Ebenso beliebt sind die roten Holzboote, die man ausleihen kann. Besonders wohl fühlen sich hier auch Schwäne, die ihren Nachwuchs stolz an den Schwimmern vorbeinavigieren.

Wie kam der See zu seinem Namen? Regnet es, überzieht ein magisches Weiß seine Oberfläche. Auf diesen Sinneseindruck machte schon der Petershagener Pfarrer Alexander Giertz (1860-1910) aufmerksam.

Bis 1751 hieß der See noch „Großer See, hinter dem Dorfe“. Bei schwüler Luft und Regen ist der Badespaß hier übrigens ein ganz besonderes Erlebnis. Besonders schön sind auch jene Momente, bevor die Abendsonne wie eine rote Kugel hinter den Bäumen versinkt und die letzten Flieger über dem Himmel den Flughafen Tegel ansteuern.

Während die einen Badegäste sich am Strandbad ihren letzten Aperol Spritz gönnen, rücken Liebespärchen in den kleinen Wäldchen rund um den See enger zusammen. Eine heitere Gelassenheit legt sich über die ganze Szenerie.

 

Im Milchhäuschen

Wer den Abend am See entspannt ausklingen lassen möchte, der kann das Milchhäuschen auf der gegenüberliegenden Seeseite besuchen. Aus dem Gartenhaus, das 1884 errichtet wurde, entstand 1913 eine Milchverkaufsstelle.

Nach einem Umbau wurde das Milchhäuschen 1996 wieder eröffnet. Das Kleinod wirkt mit seinem verschnörkelten Schriftzug über dem Dach noch immer wie aus der Zeit gefallen und bietet einen zauberhaften Blick auf den See.

Text und Fotos: Vera Rüttimann