Kämpferische Ansage

Im November nehmen Vertreter des Vereins auch an der öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Grünanlagen teil. Dort legen sie ein Statement zum „Sachstand des Partizipationsprozesses“ ab. Ist das noch Demokratie, wenn Teilnehmer eines nicht-öffentlichen Verfahrens mit eigenen Ansichten an die Öffentlichkeit gehen und die „von den Bürgern gewählte Verordnete“ darum bitten, „auf das Beteiligungsverfahren im Sinne unseres Statements gestaltend und kontrollierend Einfluss zu nehmen“? Als das Statement an diesem Abend zur Sprache kommt, zeigt sich, dass der Alleingang zumindest streitbar ist.
Andreas Böhm, Vorstand der Wohnungsbaugenossenschaft DPF eG, findet ein solches Vorgehen „nicht in Ordnung“. Karin Spieker, Vorstandsmitglied des Vereins, bescheinigt solchen Einwürfen ein „merkwürdiges Demokratieverständnis“ und gibt weiter zu verstehen, dass „ob Ihnen das nun gefällt oder nicht“, der Verein das einfach getan hätte. Es geht um Teilhabe, es geht um das Recht am Mitgestalten. Der Verein stört sich grundsätzlich daran, dass der Runde Tisch „nur eine Ideensammlung der Beteiligten“ sei, auf deren Grundlage die Leitlinien für die Erarbeitung eines neuen städtebaulichen Entwurfs erstellt werden. In diesem Fall könne der „Beteiligungsprozess und seine Ergebnisse unter Umständen nichts wert sein und in der Konsequenz der Plan-B ohne ausreichende Berücksichtigung der Interessen der Anwohner auf den Weg gebracht“ werden – so die Befürchtung des Vereins.  Mit diesem schlimmsten angenommenen Fall rechnet auf der Seite des Stadtentwicklungsamtes niemand. „Es ist das Ansinnen des Beteiligungsverfahrens, das erzeugte Stimmungsbild mit den Zielstellungen von Land und Bezirk zusammenzuführen. Insbesondere für die Aspekte, für die ein Dissens bleibt, geht es darum, gemeinsam Lösungen zu finden“, so Rogge (Stadtentwicklungsamt Pankow).

Dialogbereit und optimistisch

Optimistischer scheint die Bürgerinitiative Leben an der Michelangelostraße auf den weiteren Verlauf zu schauen. Die Grundhaltung der Initiative lautet „Bauen: ja, maßlose Verdichtung: nein“.
Christel Model, Mitglied der Initiative, begrüßt die „Möglichkeit, sich ohne Einschränkungen in den Prozess der weiteren Entwicklung des Projektes in vollem Umfang einzubringen“. Dass es am Runden Tisch Meinungsverschiedenheiten und unterschiedliche Interessen gibt, ist ihnen klar. Sie setzen auf die Standortwerkstätten im Anschluss, in denen es, so hofft die Initiative, „in spezifischen Arbeitsgruppen themenbezogene Ergebnisse und Schlussfolgerungen als Kompromiss zwischen allen Beteiligten“ geben wird. Sie seien optimistisch, letztendlich eine entsprechende Kompromissvariante verabschieden zu können. Mit ihrem Optimismus findet sie im Bezirksstadtrat bei Vollrad Kuhn einen Partner. Für ihn war dieser vierte Themenabend eine Wende. „Ich finde, dass der im Sommer 2017 begonnene Dialogprozess – dem zu Beginn noch von Anwohnerinitiativen und einzelnen Beteiligten mit Misstrauen entgegengebracht wurde – nun immer besser läuft und die meisten Beteiligten eine konstruktive und zielorientierte Debatte führen“, so Kuhn. Im Frühling finden die beiden Standortwerkstätten teil. Es bleibt ein spannender partizipatorischer Prozess, und die Frage nach einem Gewinner wird für einige Akteure nicht die unwichtigste sein.